Kündigung des Arbeitsverhältnisses bei Vorlage einer Impfunfähigkeits­bescheinigung aus dem Internet

Mit Urteil vom 13.04.2022 hat das Arbeitsgericht Lübeck entschieden, dass ein Arbeitnehmer die Kündigung seines langjährigen Arbeitsverhältnisses riskiert, wenn er seinem Arbeitgeber eine aus dem Internet heruntergeladene und ausgedruckte ärztliche “Bescheinigung über die vorläufige Impfunfähigkeit” vorlegt, ohne dass eine Untersuchung durch die bescheinigende Ärztin erfolgt ist.

Was war passiert?

Eine Krankenschwester aus Schleswig-Holstein arbeitete seit 2004 in einer Klinik. Mitte Dezember 2021 informierte die Klinik die bei ihr Beschäftigten über die im Frühjahr 2022 eintretende einrichtungsbezogene Impfpflicht und bat darum, den Impf- oder Genesenenstatus oder ein ärztliches Attest über eine Impfunfähigkeit bezüglich des Corona-Virus vorzulegen. Mit dieser Aufforderung kam die Klinik ihrer Pflicht nach, die Corona-Regeln zu medizinischen Einrichtungen umzusetzen. Die Krankenschwester legte ihrer Arbeitgeberin eine Bescheinigung vor, die eine sechsmonatige vorläufige Impfunfähigkeit ausweist und die Unterschrift einer Ärztin aus Süddeutschland enthält. Die Bescheinigung wurde aus dem Internet heruntergeladen und ausgedruckt. Eine persönliche oder digitale Besprechung mit der Ärztin fand allerdings niemals statt.

Die Klinik informierte daraufhin das Gesundheitsamt und kündigte der Krankenschwester im Januar 2022 fristlos und hilfsweise ordentlich zum 31. Juli 2022.

Die gekündigte Krankenschwester war mit der Kündigung nicht einverstanden und erhob gegen diese eine Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht. Sie war der Ansicht, dass ihre Bescheinigung nicht zu beanstanden sei. Zudem vertrat sie die Auffassung, dass das Infektionsschutzgesetzes weitere arbeitsrechtlichen Maßnahmen der Klinik als Arbeitgeberin ausschließe und allein das Gesundheitsamt zu Maßnahmen in dieser Situation berechtigt sei, welches zum Beispiel eine ärztliche Untersuchung zur Überprüfung der Bescheinigung veranlassen hätte können.

Diesen Ausführungen ist das Arbeitsgericht jedoch nicht gefolgt. Vielmehr hat es festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien, durch die Kündigung der
Klinik zum 31.07.2022 beendet wird.

Zur Begründung der Entscheidung führt das Arbeitsgericht Lübeck aus, dass die hilfsweise ordentliche Kündigung unter Einhaltung der geltenden Kündigungsfrist aufgrund des Fehlverhaltens der Klägerin sozial gerechtfertigt und damit wirksam sei. Dagegen erachtet das Gericht die fristlose Kündigung angesichts der sehr langen Betriebszugehörigkeit als unverhältnismäßig.

Weiter führt das Gericht aus, dass die Vorlage einer vorgefertigten ärztlichen Impfunfähigkeitsbescheinigung, ohne dass vorher eine Untersuchung erfolgt ist, stellt eine sehr schwere Verletzung arbeitsvertraglicher Nebenpflichten darstellt, die das Vertrauen in eine ungestörte weitere Zusammenarbeit auch ohne vorherige Abmahnung zerstört. Es musste der Klägerin klar sein, dass die vorgelegte Bescheinigung zwar bei der Arbeitgeberin den Anschein eines ärztlichen Zeugnisses erwecken würde, aber in Wahrheit nicht auf einer ärztlichen Untersuchung beruhte. Zu Lasten der Klägerin ging auch, dass sie die Wahl hatte, statt des gefäschten Nachweises auch keinen Nachweis vorzulegen.

Auch sieht das Arbeitsgericht in den Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes kein arbeitsrechtliches Kündigungsverbot.

(Arbeitsgericht Lübeck, Urteil vom 13.04.2022, 5 Ca 189/22)