Kein höheres ALG II in der Corona-Pandemie für eine Notbevorratung mit Lebensmitteln oder infolge gestiegener Lebensmittelpreise

Mit Eilbeschluss vom 02.04.2020 hat das Sozialgericht Konstanz einen Eilantrag eines Hartz IV – leistungsempfängers auf höheres ALG II für erhöhte Aufwendungen wegen der Corona – Pandemie (Covid-19-Pandemie) abgelehnt.

In diesem Eilverfahren ging es u.A. um die Frage, ob das Jobcenter unter Hinweis auf die Corona – Pandemie zusätzliche Leistungen für einen Notbevorrat von Lebensmitteln für etwa 10 Tage erbringen muss. Ein solcher Anspruch besteht nach Auffassung des Sozialgerichts nicht.

Unter Berufung auf schon vor der Corona-Pandemie ergangene sozialgerichtliche Entscheidungen zu der Frage einer Notbevorratung im Katastrophenfall begründet das Gericht seine Eilentscheidung wie folgt:

„Es handelt sich jedenfalls um keinen unabweisbaren Bedarf, für den das Jobcenter gesondert Leistungen als Zuschuss bzw. Darlehen zu erbringen hätte. Vielmehr liegt eine solche Bevorratung im Bereich der eigenverantwortlichen Entscheidung des Leistungsberechtigten, wie er die Mittel des Regelbedarfs für Nahrungsmittel und Getränke einsetzt. Dem Leistungsberechtigten ist es, wenn er sich für einen solchen Notvorrat entscheidet, zumutbar, diesen zeitlich gestaffelt aufzubauen und nach und nach aus den ihm gewährten Regelleistungen zu bezahlen. Auf der anderen Seite ist es ihm möglich, Lebensmittel und sonstige Produkte aus dem Notvorrat, deren Haltbarkeit abläuft, nach und nach zu verbrauchen und dadurch Aufwendungen für ihren Ersatz auszugleichen (ausführlich SG Konstanz, Urteil vom 31. Mai 2017, S 11 AS 808/17; ebenso LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22. März 2018, L 7 AS 3032/17; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 28. September 2018, L 11 AS 30/18 NZB)…

Ein unabweisbarer Mehrbedarf besteht auch nicht, weil Lebensmittel infolge der Corona – Pandemie allgemein teurer geworden sind.

Dem Antragsteller ist es … zuzumuten, für eine kurze Zeit auf andere Lebensmittel, etwa auf Kartoffeln statt Nudeln, auszuweichen oder auf andere Geschäfte bzw. Einkaufsmöglichkeiten als die gewohnten zurückzugreifen. Zwar kann dies mit einem zusätzlichen Zeitaufwand verbunden sein. Doch dürften die Aktivitäten des Antragstellers zur Arbeitssuche im Rahmen der Verpflichtung, seine Hilfebedürftigkeit zu beenden oder zu verringern (§ 2 Abs. 1 SGB II), dies zulassen. Wenn es trotzdem im Einzelfall zu unvermeidbaren Mehrkosten kommen sollte, liegen diese in einem Bereich von wenigen Euro. Dies ist vom Leistungsberechtigten im Rahmen der pauschalen Betrachtung des Regelbedarfs hinzunehmen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass viele im Regelbedarf enthalten Kosten aktuell nicht oder nur eingeschränkt anfallen können (41,43 EUR für Freizeit, Unterhaltung, Kultur, 35,99 EUR für Verkehr, 10,76 EUR für Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen; vgl. § 5 Abs. 1 Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz i.V.m. Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2020).”

(Sozialgericht Konstanz, Beschluss vom 02.04.2020, S 1 AS 560/20 ER, auszugsweise wiedergeben)