Jobcenter muss Fahrtkosten für Besuch bei kranker Mutter zahlen

Mit gerichtlichem Eilbeschluss vom 04.02.2020 verpflichtete das Landessozialgericht Baden-Württemberg das Jobcenter, dem Antragsteller die Fahrtkosten zur Wahrnehmung der Besuche bei seiner schwer kranken Mutter, die sich in einer Intensiv-Pflegeeinrichtung befindet, zu gewähren.

Zum Fall:
Der Antragsteller bezog Leitungen nach dem SGB II (ALG II). Nach einem Schlaganfall und einem darauffolgenden Herz-Kreislaufstillstand mit Reanimation befand sich die Mutter des Antragstellers in einem komatösen Zustand, wobei nicht absehbar war, wie lang sie noch leben würde. Der Antragsteller pflegte als Vorsorgebevollmächtigter eine enge familiäre Bindung zu seiner Mutter, weshalb er sie zwei Mal die Woche in der Klinik besuchte. Da er nicht in der Lage war, die Kosten für die Fahrten dauerhaft vom Hartz IV – Regelsatz zu zahlen, beantragte er die Kostenübernahme durch das Jobcenter im Sinne des Mehrbedarfs. Das Jobcenter stellte sich jedoch quer und lehnte den Antrag ab. Wegen Dringlichkeit machte der Antragsteller seine Ansprüche im Wege des Eilverfahrens geltend. In zweiter Instanz vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg bekam er Recht. In Anbetracht der besonders engen Beziehung dem Antragsteller und dessen Mutter und des lebensbedrohlichen Zustandes der Mutter sei ein Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 6 SGB II zu gewähren, so das LSG. Auch, wenn nicht nachzuweisen sei, inwiefern die komatöse Mutter von den Besuchen des Sohnes profitiere, sei für das LSG nachvollziehbar, dass der Antragsteller seiner Mutter körperlich nah sein und diese unterstützen wolle, zumal der Kontakt über SMS oder andere elektronische Wege nicht mehr möglich sei.

(Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.02.2020, L 2 AS 3963/19 ER-B)