Muss das Sozialamt Mietkosten während der Haft übernehmen?

Zu den Grundbedürfnissen eines Menschen gehört es, in einer beheizten Wohnung leben zu können. Durch das grundrechtlich geschützte menschenwürdige Existenzminimums müssen daher neben den Regelbedarfen auch Kosten der Unterkunft und Heizung vom Jobcenter / Sozialamt übernommen werden.

Was passiert aber mit der eigenen Wohnung, wenn man eine Haft antreten muss? Muss das Sozialamt dann die Mietkosten übernehmen?

Diese Frage hatte das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen zu entscheiden.

Geklagt hatte ein unter Betreuung stehender Mann aus Stade mit einer instabilen Persönlichkeitsstörung, der seit 2005 in einer 2-Zimmer-Wohnung wohnte, deren Kosten bislang das Jobcenter übernommen hatte. Als er im Jahr 2014 eine etwa 7-monatige Haft antreten musste, beantragte er beim Sozialamt erfolglos die Übernahme der Mietkosten während der Haftzeit. Gegen die Ablehnung der Kostenübernahme zog der Mann vor das Sozialgericht und bekam dort Recht. Das Sozialgericht verpflichtete das Sozialamt zur Übernahme der Mietkosten während der Haft. Die Berufung des Sozialamtes gegen diese Entscheidung wurde vom LSG zurückgewiesen. Auch das LSG sprach dem Kläger Recht zu.

Im Wege der Einzelfallentscheidung führte das LSG aus, dass beim Kläger aufgrund des drohenden Wohnungsverlusts nach der Haftentlassung eine Verschlimmerung der sozialen Schwierigkeiten zu prognostizieren sei, so dass er geordnete Verhältnisse wie eine vetraute Wohnung dringend benötige. Denn der Verlust der Wohnung ist für einen Haftentlassenen – ähnlich wie der Verlust des Arbeitsplatzes – deutlich schwerer zu kompensieren als für andere Bürger.

Fazit:

Die Frage, ob die Miete während der Dauer einer Haft übernommen werden muss, kann nicht pauschal beantwortet werden. Vielmehr hängt die Anwort in jedem Fall von einer Prognose im Einzelfall ab. Je näher die Entlassung rückt, desto gerechtfertigter kann ein Anspruch auf Mietkostenübernahme werden. Grundsätzlich gibt es aber keine starren Grenzen.