Schadensersatzzahlungen zum Ausgleich eines erlittenen Vermögensschadens sind kein Einkommen sondern Vermögen

Mit Urteil vom 09.08.2018 hat das Bundessozialgericht (BSG) entschieden, dass Schadensersatzzahlungen, die ein Schädiger an den Geschädigten wegen eines erlittenen Vermögensschadens aufgrund einer Unterschlagung leisten muss, beim Bezug von Arbeitslosengeld II (Hartz IV) nicht als Einkommen, sondern als Vermögen anzusehen sind.

In dem von mir vor dem Bundessozialgericht geführten Verfahren ging es um die Frage, ob das Jobcenter berechtigt ist, monatliche Schadensersatzzahlungen eines Schädigers als Einkommen bedarfsmindernd auf die Leistungen nach dem SGB II (Hartz IV) anzurechnen. Dem Verfahren lag zugrunde, dass der Kläger – ein früherer Kleinunternehmer im Baubereich – wegen der zu seinen Lasten ausgeführten Unterschlagung von Baumaterial und Baumaschinen gegen den Schädiger ein Versäumnisurteil in Höhe von 30.000 DM erwirkt hatte und der Schädiger hierauf auf Grundlage eines außergerichtlichen Vergleichs monatliche Raten à 150 EUR bis zu einer Gesamtsumme von 12.000 EUR abzahlte, nachdem der Kläger allerdings selbst auf Leistungen nach dem SGB II angewiesen war. Das Jobcenter vertrat die Auffassung, das die monatlichen Ratenzahlungen des Schädigers (nach Abzug von Freibeträgen) bedarfsmindernd als Einkommen anzurechnen seien. Demensprechend zahlte das Jobcenter an den Kläger monatlich niedrigere, um die Ratenzahlungen reduzierte Leistungen.
Das Sozialgericht Kiel gab der Klage vollumfängloch statt. Die hiergegen vom Jobcenter eingelegte Berufung wies das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht zurück und bestätigte damit das erstinstanzliche Urteil. Das Jobcenter akzeptierte aber auch dieses Urteil nicht und wollte vor dem BSG in letzter Instanz doch noch Recht bekommen.

Aber auch das BSG gab dem Kläger Recht und begründet seine Entscheidung wie folgt:

“Einkommen iS des § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG grundsätzlich alles das, was jemand nach der Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen iS des § 12 Abs 1 SGB II das, was jemand vor der Antragstellung bereits hatte, wobei auszugehen ist vom Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zeitpunkt als maßgeblich bestimmt …
Hiervon ausgehend sind Ratenzahlungen zum Ersatz eines Wertgegenstandes, den jemand vor Antragstellung bereits hatte, dem Vermögen und nicht dem Einkommen zuzurechnen. Zur Frage der Berücksichtigung von Schadensersatzzahlungen als Einkommen hat das BVerwG zu § 76 Abs 1 BSHG (nunmehr § 82 Abs 1 Satz 1 SGB XII) entschieden, dass solcher Schadensersatz nicht als Einkommen anzusehen ist, der lediglich eine frühere Vermögenslage wiederherstellt, wie beim Schadensersatz für die Beschädigung oder den Verlust einer Sache. Denn der bloße Ersatz für etwas, was jemand bereits hatte, bewirke keinen Zufluss, sei keine Einnahme, sondern, wie das Ersetzte, wiederum unmittelbar Vermögen. Anderenfalls werte man den Ersatz eines bereits früher Erlangten unzulässig erneut als Einkommen… Diese Wertung hat ihre Gültigkeit bei Inkrafttreten des SGB II nicht verloren… Sind danach Geldzuflüsse aus der Umschichtung vorhandener Werte durch den Berechtigten sozialrechtlich grundsätzlich nicht als zum Lebensunterhalt einzusetzendes Einkommen anzusehen, so kann es beim Wertersatz Dritter für die Entziehung oder Beschädigung eines dem Vermögen zuzurechnenden Gegenstands nicht anders liegen; auch durch solche Zahlungen erhält der Empfänger keinen Wert hinzu, den er nicht vorher schon hatte…”
(BSG, Urteil vom 09.08.2018, B 14 AS 20/17 R, auszugsweise wiedergegeben)

Fazit:
Auf den ALG II – Anspruch anzurechnendes Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts grundsätzlich alles, was ein ALG II – Empfänger nach der Antragstellung wertmäßig dazu erhält. Vermögen im Sinne von § 12 Abs. 1 SGB II ist demnach alles, was jemand vor der Antragstellung bereits hatte.