Corona-Pandemie: Jobcenter muss die volle Miete übernehmen

In Corona-Zeiten muss das Jobcenter für die Dauer von 6 Monaten die tatsächliche Miete übernehmen, auch wenn diese zu teuer ist. Dies hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen in einer gerichtlichen Eilentscheidung am 29.09.2020 entschieden.

Durch eine Sonderregelung im Sozialgesetzbuch II, die der Gesetzgeber infolge der Corona-Pandemie einführte, sollen die Jobcenter vorübergehend nicht prüfen, ob ein Hartz-IV-Empfänger in einer zu teuren Wohnung lebt.

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat hierzu in einem Eilverfahren entschieden, dass diese Regelung nicht nur für Altmietverträge (sogenannte Bestandsmietverträge) gilt, sondern auch Neuanmietungen betrifft.

Der Entscheidung des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Nach der Geburt des sechsten Kindes einer Familie aus Hannover, die ALG II (Hartz IV) bezieht, zog die Familie im September 2020 aus der damals bewohnten 4-Zimmer-Wohnung in ein Einfamilienhaus mit 6 Zimmern, für welches eine monatliche Kaltmiete i.H.v. 1300 € zu zahlen war. Das Jobcenter weigerte sich, die vollen Mietkosten zu übernehmen mit der Begründung, dass die Angemessenheitsgrenze (die sogenannte Mietobergrenze) von 919 € für einen 8-Personen-Haushalt deutlich überschritten wurde.

Nachdem die Familie im Eilverfahren vor dem Sozialgericht Hannover mit ihrem Begehren auf Übernahme der vollen Miete scheiterte, zog diese dann vor das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen. Hier bekam die Familie Recht: Das Landessozialgericht hat das Jobcenter zur vorübergehenden Übernahme der vollen Mietkosten verpflichtet. Zur Begründung verweist das Landessozialgericht auf eine vom Gesetzgeber infolge der Corona-Pandemie eingeführte Sonderregelung. Nach dieser Sonderregelung hat für die Dauer von 6 Monaten keine Prüfung zu erfolgen, ob die vom Leistungsbezieher für eine Wohnung zu zahlende Miete zu teuer ist. Nach den Ausführungen des Landessozialgerichts gilt diese Sonderregelung nicht nur für seit Langem bewohnte Wohnungen, sondern auch für eine gerade erst neu bezogene, zu teure Wohnung. Nach den Ausführungen des Landessozialgerichts gilt diese Sonderregelung ferner nicht nur für Erstbewilligungen, sondern umfasst sämtliche in der Zeit vom 01.03.2020 bis 31.12.2020 beginnende Weiterbewilligungszeiträume.

(LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 29.09.2020, L 11 AS 508/20 B ER)