Volle Übernahme objektiv unangemessener Unterkunftskosten bei unmöglicher Kostensenkung

Mit Urteil vom 04.06.2019 hat das Sozialgericht Mannheim entschieden, dass eine vollständige Übernahme auch objektiv unangemessener Kosten der Unterkunft möglich ist, wenn eine sonstige Kostensenkung für die Betroffenen unmöglich ist.

Im verhandelten Fall bezogen die 75-jährigen Ehepleute Altersrenten und ergänzend vom zuständigen Kreis Grundsicherung im Alter. Die 75-jährige Frau war gehbehindert und bewegte sich in der Wohnung mit Gehstock und Rollator fort. Bei ihr wurden ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen G (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit) und B (Berechtigung für eine ständige Begleitung) festgestellt. Inzwischen wurde ihr ein Rollstuhl verordnet.
Die Bruttomiete der 62 Quadratmeter großen Wohnung betrug 580 Euro. Das Amt wies das Ehepaar darauf hin, dass nach statistischen Erhebungen in der Umgebung nur 461 Euro angemessen seien. Es forderte die beiden Rentner dazu auf, eine kostengünstigere Wohnung zu suchen, zahlte aber noch für mehrere Jahre die tatsächlichen Mietkosten. Dann wollte der Kreis nur noch die von ihm für angemessen gehaltenen Kosten, die sogenannte Mietobergrenze, zahlen.
Ab Mitte 2017 kürzte der Kreis die tatsächliche Miete auf die Mietobergrenze und bemängelte, dass das Ehepaar keine ausreichenden Bemühungen zur Kostensenkung nachgewiesen hätten. Hiergegen erhoben die Eheleute zunächst Widerspruch, später Klage vor dem Sozialgericht Mannheim.
Die Kläger machten geltend, dass sie gerne in eine behindertengerechte Wohnung umziehen würden, solche aber nicht zu dem vom Beklagten genannten Mietpreis existieren. Ferner trugen sie vor,dass sie nicht aus ihrer Gegend wegziehen könnten, weil ihre Töchter eigens zugezogen seien, um sie pflegerisch zu unterstützen.

Das Sozialgericht Mannheim gab den Klägern Recht und verurteilte den Beklagten, die Kosten der Unterkunft auch weiterhin in voller Höhe zu übernehmen. Nach Auffassung des Sozialgerichts sei die Wohnung der Kläger nach den vorliegenden statistischen Erhebungen zwar zu teuer. Den betagten Klägern sei es jedoch nachvollziehbar nicht möglich, ohne Hilfe eine entsprechende Wohnung zu finden. Hilfestellung, etwa in Form der Übernahme von Maklerkosten, hatte der Beklagte nicht angeboten. Auch sei zweifelhaft, ob eine günstigere Wohnung, die den angesichts der Gehbehinderung der Klägerin speziellen Erfordernissen entspreche, verfügbar sei.

(Sozialgericht Mannheim, Urteil vom 04.06.2019, S 2 SO 184/18)