Ein obdachloser EU-Bürger kann Anspruch auf Hartz IV haben

Das Sozialgericht Düsseldorf hat mit Eilbeschluss vom 14.04.2020 entschieden, dass obdachlose EU-Ausländer, die regulär keinen Anspruch auf Hartz IV-Leistungen haben, in der Extremsituation der Coronakrise ALG II-Leistungen beanspruchen können, weil der Staat verpflichtet ist, das Überleben dieser Menschen zu sichern.

Vielen obdachlosen Ausländern stehen in Deutschland keine Sozialleistungen zu, weil Sie nach den gesetzlichen Vorgaben von den existenzsichernden Leistungen ausgeschlossen sind. Anders ist dies in Zeiten der Corona-Pandemie zu beurteilen: In der Coronakrise hat der Staat das Überleben zu sichern.

Das Sozialgericht Düsseldorf begründet seine Eilentscheidung wie folgt:
„Es ist dem Gericht, gerade in der derzeitigen Extremsituation aufgrund der Pandemiesituation völlig unverständlich, wie die Antragsgegnerin [das Jobcenter] Leistungen verweigern kann. Ein ausländischer Obdachloser, der wegen geschlossenen Grenzen in Europa derzeit auch nicht in sein Heimatland zurückreisen kann, um, ggf. dort  Sozialleistungen zu beantragen, ist nach Auffassung des Gerichts nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts auch hier von deutschen Behörden ein menschenwürdiges Existenzminimum zu gewähren, das sein Überleben in dieser Zeit sichert, zumal aufgrund der Einschränkungen des öffentlichen Lebens es derzeit für Obdachlose mehr als schwierig sein dürfte, auf der Straße Leistungen ggf. zu erbetteln. Zur Vermeidung existenzieller Nachteile für den Antragsteller … ist hier die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II im einstweiligen Rechtsschutzverfahren erforderlich.“
(SG Düsseldorf, Beschluss vom 14.04.2020 – S 25 AS 1118/20 ER, auszugsweise wiedegegeben).

Der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf hat bundesweite Bedeutung, weil erstmals in aller Deutlichkeit der Staat in die Pflicht genommen wird, auch vom  ALG II- Leistungsanspruch ausgeschlossenen EU-Bürgern in Zeiten der Coronakrise einen Existenzsicherungsanspruch zu gewähren. Damit ist gleichzeitig die volle medizinische Versorgung sichergestellt. Denn mit dem SGB II – Leistungsanspruch verbunden ist gleichzeitig die Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung.